Liebe ListenleserInnen,
immer wieder erfahre ich von KlientInnen, dass sie eine Abmahnung über mehrere hundert Euro erhalten, weil sie angeblich Filme unerlaubt im Internet heruntergeladen haben. Die jeweiligen Summen übersteigen die Zahlungsfähigkeit der Asylsuchenden bei weitem und führen bei ihnen und deren ehrenamtlichen UnterstützerInnen zu großer Sorge. Es ist ja richtig: Asylsuchende stehen in der besonderen Not nicht strafrechtlich in Erscheinung zu treten. Dennoch sind die Methoden der abmahnenden Kanzleien alles andere als sauber und ich möchte Sie ermutigen die Forderungen nicht unhinterfragt zu begleichen.
Wenn die KlientInnen von der Unrechtmäßigkeit der Abmahnung überzeugt sind (weil sie den genannten Film nicht persönlich heruntergeladen haben und es möglicherweise auch durch Ortsabwesenheit bezeugen können), dann empfiehlt sich die Nutzung des neu eingerichteten „Abmahnbeantworters“ http://abmahnbeantworter.ccc.de/ . Eine aktuelle Pressemeldung zu diesem Werkzeug finden Sie bei Spiegelonline: http://www.spiegel.de/netzwelt/web/abmahnungen-neuer-abmahnbeantworter-bietet-hilfe-an-a-1109022.html
Wenn der Konsum der vermeintlichen Datei möglich, aber die geforderte Summe völlig unverhältnismäßig erscheint, sollten folgende Ausführungen berücksichtigt werden:
Bei einem einmaligen Fall ist es gewöhnlich möglich die rechtmäßige Ermittlung der IP-Adresse durch die Kanzlei in Zweifel zu ziehen, da eine einmalige Ermittlung nicht ausreichend für eine erfolgreiche Klage ist. Möglicherweise hat der/die KlientIn aber noch weitere Inhalte konsumiert und eine zweifelsfreie Schuld könnte dargelegt werden. Dann ist es theoretisch möglich, dass die betroffene Firma und ihre Vertretung tatsächlich gegen den/die KlientIn klagen. Aber eine Klage ist kostspielig und die Klagenden müssen in Vorleistung gehen. Dabei müssen die Klagenden die zu erwartenden Gewinne im Falle einer erfolgreichen Klage abwiegen. Im Falle eines Asylsuchenden oder sozialleistungsberechtigen anerkannten Flüchtlings sind die Chancen nennenswerte Beträge in absehbarer Zeit per Vollstreckung zu erhalten jedoch relativ unwahrscheinlich. In diesem Sinne lässt z.B. die Kanzlei Waldorf-Frommer es oftmals auf die Sorge der Asylsuchenden vor strafrechtlichen Konsequenzen ankommen und das Geschäftsmodell ist eher auf die Zahlung des angebotenen außergerichtlichen Vergleichs angelegt als auf das Erstreiten und Vollstrecken eines tatsächlich erklagten Schadensersatzes.
Es gibt dann also drei Möglichkeiten.
1. der/die KlientIn zahlt den geforderten Betrag,
2. der/die KlientIn sitzt es aus und es passiert nichts,
3. der/die KlientIn versucht es auszusitzen und sieht sich mit einer Klage konfrontiert, die bestimmt sehr unangenehm ist, 4. der/die KlientIn holt sich beim für ihn/sie zuständigen Amtsgericht einen Berechtigungsschein für Beratungshilfe, sucht sich mit diesem Schein einen Anwalt oder Anwältin und ein Schreiben an die Kanzlei verfassen in dem unter Verweis auf die Zahlungsunfähigkeit eine Einstellung der Forderungen erbeten, oder eine symbolische Einmalzahlung von bspw. 50 Euro angeboten werden.
Ich denke die letztere Möglichkeit ist für den/die KlientIn am angenehmsten, da er/sie sich dabei am wenigsten Sorgen machen muss und keine unmöglichen Kosten zu stemmen hat. In jedem Fall möchte ich Sie bitten in solchen Fällen mit aller pädagogischer Überzeugung den KlientInnen die urheberrechtliche Situation zu erklären und dringend vom illegalen Download von Internetinhalten abzuraten.
Mit freundlichen Grüßen,
Elias Elsler
Elias Elsler
Flüchtlingsberatung
im Förderprogramm Migrationsberatung SH
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